Netzwerk Zukunft der Industrie e. V.
2025
Die deutsche und europäische Industrie ist global stark verflochten. Bei wesentlichen Rohstoffen und Komponenten ist die Produktion zu teilweise über 90 Prozent auf Lieferungen aus autokratischen Regimen angewiesen. Dies betrifft nicht nur essenzielle Rohstoffe, sondern auch Vorprodukte.
Die fehlenden Kapazitäten und Kompetenzen in allen Fertigungsschritten – von der Rohstoffförderung bis zur Produktion spezifischer Vorprodukte – führen zu starken Abhängigkeiten, insbesondere von der Volksrepublik China. Das birgt Risiken, denn China und andere Länder können ihre Marktdominanz schnell ausnutzen. Das zeigen u. a. die Entwicklungen in der Photovoltaik-Industrie.
Unsere Studienergebnisse belegen: Es braucht europäische Antworten auf die monopolistischen Strukturen.
Im Auftrag des Netzwerks Zukunft der Industrie e. V. haben wir die Lieferbeziehungen in vier deutschen Schlüsselindustrien untersucht: E-Mobilität, Verteidigung, Windkraft und Mikroelektronik. Zu jeder dieser vier Schlüsselindustrien erscheint mit der Studie ein vertiefendes Dossier.
Die Studie analysiert Lieferketten und Abhängigkeiten der deutschen Industrie – mit Fokus auf Rohstoffe, Vorprodukte und Technologien aus autoritären Staaten. Anhand von Beispielen aus Elektromobilität, Mikroelektronik, Windkraft und Verteidigung zeigt sie Risiken in den Lieferketten auf. Darüber hinaus betrachtet sie derzeitige Strategien, diesen Herausforderungen zu begegnen, und gibt Handlungsempfehlungen.
Das sind zentrale Ergebnisse:
Schlussfolgerungen:
Handlungsempfehlungen:
Der Instrumentenkasten zur Verringerung von Resilienzrisiken enthält eine Vielzahl von Handlungsoptionen für die Unternehmen, die zu einem großen Teil bereits ihren Einsatz finden – so etwa Diversifizierung, Lagerhaltung, Friendshoring, strategische Partnerschaften. Mit Unterstützung der Politik lassen sich auch die Forschung und Optionen der Kreislaufwirtschaft stärken. Auf zwei Aspekte sollten die Politik und Wirtschaft in Deutschland und Europa deutlich mehr Aufmerksamkeit legen:
Im Dossier zur Elektromobilität liegt der Schwerpunkt auf den Abhängigkeiten entlang der Wertschöpfungskette von Lithium-Ionen-Batterien. Die Traktionsbatterie ist das Herzstück eines Elektroautos und essenziell für die Verkehrswende und die Zukunftsfähigkeit der deutschen Automobilbranche. Aus diesem Grund planen Politik und Wirtschaft einen Hochlauf der Batterieproduktion in Deutschland und Europa, denn es bestehen enorme Abhängigkeiten beim Bezug der benötigten Rohstoffe und Vorprodukte bzw. den Komponenten für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien. Die Abhängigkeiten konzentrieren sich insbesondere auf China.
Zentrale Ergebnisse
Handlungsempfehlungen
Unsere Vorgehensweise
Anhand von Literaturrecherchen, der Auswertung von Handelsdaten und Interviews mit Expertinnen und Experten aus Industrie und Forschungseinrichtungen untersuchten wir von der Rohstoffzulieferung und -verarbeitung bis zur Batteriezellfertigung die gesamte Produktionskette. Dabei betrachteten wir auch Bereiche, die bislang wenig Aufmerksamkeit erhalten haben: die zwischengelagerten Schritte bei der Herstellung von Batteriematerialien, wie die Produktion von Anodenaktivmaterial oder die Fabrikausrüstungen für Batteriezellen. Auch bestehende Resilienzstrategien nahmen wir in den Blick.
Halbleiter sind ein essenzielles Vorprodukt für jede moderne Volkswirtschaft. Die Industrie, die sie produziert, ist stärker als andere Industrien global verflochten und von wechselseitigen Abhängigkeiten geprägt. Die Abhängigkeiten im Halbleitersektor bestehen auf den verschiedenen Wertschöpfungsstufen – von der Rohstoffebene bis zu fertigen Halbleitern. Wir differenzieren in der Analyse die verschiedenen Arten von Halbleitern, u. a. die hochmodernen Leading-Edge-Chips, weil sie für ihre spezifischen Anwendungen nicht austauschbar sind. Gleichzeitig zeigen wir, welche Strategien und Maßnahmen momentan auf betrieblicher und staatlicher Ebene verfolgt werden, um Abhängigkeiten in diesem Bereich zu reduzieren.
Abhängigkeiten in den Lieferketten und aktuelle Resilienzstrategien untersuchten wir auf Grundlage der Analysen von Außenhandelsdaten sowie aktueller Studien und anderen frei zugänglichen Informationen. Zur Ergänzung und Validierung führten wir Interviews mit Fachexpertinnen und -experten aus Industrie und Verbänden.
Die Windkraftbranche bildet einen entscheidenden Baustein für eine gelingende Energiewende. In Deutschland und Europa finden sich eine Vielzahl meist mittelständischer Hersteller von Komponenten für Windkraftanlagen. Wir haben die Produktion zentraler Komponenten (Rotorblätter, Turbinen, Permanentmagnete etc.) analysiert und dabei die Bedeutung chinesischer Hersteller herausgearbeitet.
In diesem Feld lässt sich auf einen guten Stand der Forschung verweisen (vgl. Prognos-Studie „Souveränität Deutschlands sichern“ für die Stiftung Klimaneutralität). Ausgehend von einer Literaturanalyse führten wir einen Workshop mit Expertinnen und Experten der Branche sowie ergänzende Interviews durch, in denen neben Rohstoffen und Komponenten vor allem die Wettbewerbsstrategien chinesischer Anbieter im Vordergrund standen.
Titan ist ein unverzichtbarer Werkstoff für Verteidigungsprodukte. Aufgrund seiner besonderen Eigenschaften kann es nicht durch andere Materialien ersetzt werden. Es spielt insbesondere in der militärischen Luftfahrt und im Marineschiffbau eine bedeutende Rolle für Deutschland.
In dieser Untersuchung analysierten wir die weltweite Produktion und den Handel mit hochwertig verarbeitetem Titan (Grade 5 Titan/Ti-6Al-4V) sowie dessen spezifische Verwendung in der Verteidigungsindustrie. Zudem lag ein Fokus auf den Herausforderungen und geopolitischen Risiken, die mit der Titanversorgung verbunden sind.
Um die Analyse durchzuführen, sammelten wir zunächst Daten zur weltweiten Produktion von Titan, dessen Handel sowie Verwendung in der Verteidigungsindustrie. Anschließend werteten wir Handelsdaten aus und analysierten globale Produktionskapazitäten sowie Handelsverflechtungen. Hierbei nahmen auch die unterschiedlichen Bearbeitungsstufen eine besondere Rolle ein, da sich die Produktionskapazitäten von Titanschwämmen z. B. auf wenige Staaten konzentrieren. Außerdem führten wir Interviews mit Expertinnen und Experten aus der Verteidigungsindustrie, Bundeswehruniversitäten und weiteren Forschungseinrichtungen, um die Ergebnisse des Desk Research zu untermauern und einzuordnen.
Die wirtschaftliche Entwicklung Europas beruht auf globaler Arbeitsteilung: Ressourcen, Vorleistungen und Produkte werden frei gehandelt und ausgetauscht. Die geopolitische Lage verändert sich jedoch: Die COVID-19-Pandemie, das wirtschaftliche Dominanzstreben der Volksrepublik China und der USA sowie der Einmarsch Russlands in die Ukraine zeigen die Verletzlichkeit von Handel und Logistik. Wie gehen wir mit Abhängigkeiten gegenüber autoritären Staaten um, in denen die Einhaltung der Menschenrechte wenig zählt und deren Verlässlichkeit als Handelspartner in Frage steht?
Dies erfordert von Deutschland und Europa, ihre technologische Souveränität neu zu bewerten.
Unsere Studie analysiert die Lieferbeziehungen und die Lieferabhängigkeiten in den deutschen Schlüsselindustrien Elektromobilität, Mikroelektronik, Windkraft und Verteidigungsindustrie. Sie konzentriert sich auf Rohstoffe, Vorprodukte und Technologien, die autoritäre Staaten fast exklusiv fördern, verarbeiten oder produzieren.
Im Mittelpunkt der Analyse standen konkrete Wertschöpfungs- und Lieferketten zentraler Bereiche der deutschen Industrie. Ausgehend von den Handelsdaten werteten wir sowohl die Forschungsliteratur als auch aktuelle Branchenreports und Geschäftsberichte der Unternehmen aus. In einer Reihe von Fachgesprächen und Workshops fingen wir die Perspektive von Unternehmen sowie Branchenexpertinnen und -experten ein. Hierdurch gewinnen die Analysen mehr Tiefe und Spezifik. Wichtiger Sparringspartner war dabei eine Arbeitsgruppe des Netzwerk Zukunft der Industrie e. V. mit Vertreterinnen und Vertretern von Fachverbänden und Gewerkschaften.
Zur Studie (PDF)
Das Netzwerk Zukunft der Industrie e.V. und Prognos stellen die Studie am 10. April vor:
Zum Livestream der Veranstaltung
Weitere Informationen zur Studie (Webseite Netzwerk)
Projektteam: Michael Astor, Tim Bichlmeier, Jakobus Kai Jaspersen, Leonard Krampe, Paul Möhlmann, Bianca Derya Neumann, Helena Seide, Miguel Wahle
Stand: 10.04.2025
Michael Astor präsentiert die Ergebnisse der Studie zur Resilienz und Souveränität der deutschen Industrie, die wir im Auftrag des Netzwerk Zukunft der Industrie e. V. erstellt haben. Anschließend werden die Ergebnisse von Branchenvertreterinnen und -vertretern diskutiert.
Gemeinsam mit dem Bündnis Zukunft der Industrie veranstaltet das BMWK die Industriekonferenz 2024. Michael Astor wird vor Ort erste Zwischenerkenntnisse aus unserer Studie zur Resilienz und Souveränität der deutschen Industrie vorstellen.
Michael Astor stellt auf der Fachkonferenz des Netzwerk Zukunft der Industrie e.V. erste Ergebnisse der Studie zur Resilienz und Handlungssouveränität der deutschen Industrie vor und diskutiert mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Wirtschaft über betriebliche und politische Strategien zur Stärkung der Resilienz
Partner, Direktor
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